Die Hälfte der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu grundlegenden Gesundheitsleistungen. Daher wollen wir Innovationen entwickeln und Gesundheitslösungen bezahl- und verfügbar machen. Außerdem möchten wir das Bewusstsein für Erkrankungen schärfen und Menschen dabei unterstützen, mit ihnen umzugehen. Gemeinsam mit Partnerorganisationen arbeiten wir daran, diese komplexen Herausforderungen zu bewältigen.
Unser Ansatz: Gesundheitliche Chancengleichheit verbessern
Gesundheitliche Chancengleichheit voranzutreiben ist unser übergeordnetes Ziel. Dafür setzen wir auf unsere wissenschaftlichen und technischen Innovationen. Damit wollen wir vor allem die Gesundheit von unterversorgten Bevölkerungsgruppen in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen verbessern.
Mit unserer Global-Health-Strategie wollen wir in den betroffenen Ländern gerechte und nachhaltige Zugangsmechanismen für alle schaffen, damit Patienten und Gesellschaft gleichermaßen Gesundheitsleistungen beanspruchen können. Neben Lösungen für den Zugang zu Gesundheit konzentriert sich unsere Strategie auf Krankheiten, die unterversorgte Bevölkerungsgruppen unverhältnismäßig stark betreffen. Hierzu zählen die vernachlässigte Tropenkrankheit Bilharziose, die in Industrieländern weitgehend unbekannt ist und deshalb nur wenig Aufmerksamkeit beziehungsweise Forschungsmittel erhält, sowie Malaria. Die Ziele unserer Strategie lauten wie folgt:
- Ausweitung unseres Innovations- und Produktportfolios, um für Menschen in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen den Zugang zu Gesundheitsleistungen zu verbessern
- Verstärkte Bekämpfung von Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit
- Förderung innovativer Lösungen für Herausforderungen im Gesundheitsbereich mit Schwerpunkt auf Bilharziose und Malaria. Dabei möchten wir insbesondere diejenigen Bevölkerungsgruppen erreichen, die besonders vulnerabel sind: Frauen und Kinder.
Bei der Umsetzung unserer Global-Health-Strategie setzen wir auf die folgenden drei Prinzipien:
- Wegweisende Lösungen entwickeln: Mithilfe eines integrierten wissenschafts- und technologiebasierten Ansatzes entwickeln wir für Bilharziose neue Arzneimittel. Wir unterstützen die Entwicklung von Diagnoseverfahren; zudem fördern wir neue Behandlungsmöglichkeiten und Methoden zur Erregerkontrolle für Malaria.
- Sektorübergreifend mit Partnerorganisationen zusammenarbeiten: Damit wir einen größeren Beitrag leisten und die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele unterstützen können, beteiligen wir uns an weltweiten Multi-Stakeholder-Plattformen im Gesundheitsbereich. Wir schließen Allianzen und Partnerschaften, um unsere Programme durchzuführen.
- Nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln und Chancen schaffen: Wir arbeiten daran, die Wettbewerbsfähigkeit und den Wert unseres Unternehmens zu steigern. Gleichzeitig wollen wir langfristigen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen, indem wir mit unseren Produkten und Technologien bislang nicht ausreichend versorgte Bevölkerungsgruppen erreichen.
Außerdem wollen wir Gesundheitssysteme in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen durch den Aufbau von Fähigkeiten und Fachwissen entlang der gesamten Wertschöpfungskette stärken.
Unser Ansatz für den Zugang zu medizinischer Versorgung
Wir arbeiten daran, Gesundheitslösungen für alle verfügbar, erschwinglich und zugänglich zu machen. Gemäß unserer Nachhaltigkeitsstrategie setzen wir unsere Zugangsstrategie für Länder mit geringem oder mittlerem Einkommen um. Dies wird uns bei der Realisierung unseres Ziels helfen, bis 2030 jährlich insgesamt 170 Millionen Menschen in diesen Ländern zu versorgen. 2023 erreichten wir rund 140 Millionen Menschen.
Unsere Strategie umfasst zwei wichtige Aspekte. Erstens streben wir an, bis 2030 für 80 Millionen Patienten einen schnelleren und erweiterten Zugang zu unseren Gesundheitsinnovationen zu ermöglichen. Dies umfasst auch unser Produktportfolio für nicht übertragbare Krankheiten, beispielsweise für Krebserkrankungen und Hormonstörungen (nähere Informationen über unser SHAPE-Programm finden sich im Kapitel Arzneimittelpreise). Diese Strategie sieht einen systematischen Ansatz vor, um gesundheitliche Chancengleichheit voranzutreiben, und ermöglicht uns Folgendes:
- Unseren Einfluss durch eine differenzierte Preisgestaltung zu vergrößern, indem wir kostengünstigere Arzneimittel bereitstellen und gleichzeitig Gesundheitssysteme stärken.
- Sicherzustellen, dass zusätzliche Menschen in mehr Ländern Zugang zu unseren bestehenden innovativen Therapien haben.
- Den Zugang zu unseren Gesundheitsinnovationen über unseren systematischen Ansatz in der F&E-Zugangsplanung zu verbessern. Wir wollen sicherstellen, dass Zulassungen in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen zukünftig innerhalb von zwölf Monaten nach der weltweiten Ersteinführung erfolgen; so ist es beispielsweise in der Europäischen Union und in den USA der Fall.
Zweitens arbeiten wir auch künftig daran, die vernachlässigte Tropenkrankheit Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit auszurotten. Wir wollen bis 2030 über 90 Millionen Menschen erreichen – mithilfe von Spenden und neuen nachhaltigen Modellen für den Zugang zu etablierten Behandlungen und Innovationen. Im Berichtsjahr erreichten wir 84 Millionen Menschen. Darüber hinaus engagieren wir uns auch im Kampf gegen Malaria.
Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit ausrotten
Bilharziose ist eine tropische Wurmerkrankung, an der weltweit fast 240 Millionen Menschen leiden und der jedes Jahr schätzungsweise 200.000 Menschen zum Opfer fallen. Mehr als 90 % der Fälle treten in Subsahara-Afrika auf, was die öffentlichen Gesundheitssysteme und die lokale Wirtschaft sehr belastet.
Unser langfristiges Ziel ist es, Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit gemäß der NTD Roadmap 2021–2030 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auszurotten. Wir setzen uns für die Ziele der Kigali-Erklärung über vernachlässigte Tropenkrankheiten ein: Beteiligte Unternehmen, Regierungen und private Organisationen verpflichten sich dazu, die 21 meistverbreiteten dieser Krankheiten einschließlich Bilharziose einzudämmen und letztlich auszurotten.
Dazu verfolgen wir eine integrierte Bilharziose-Strategie – gemeinsam mit verschiedenen Partnern weltweit. Unser Ansatz beruht auf vier Säulen:
- Behandlung: In Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) spenden wir jedes Jahr bis zu 250 Millionen Praziquantel-Tabletten für die Behandlung in endemischen Ländern. Fast 50 Jahre nach seiner Entwicklung ist Praziquantel weiterhin weltweit das Standardmedikament, um Bilharziose wirksam zu behandeln.
- Forschung und Entwicklung (F&E): Wir treiben F&E voran, um den weltweiten Kampf gegen Bilharziose zu unterstützen. Vor allem fördern wir partnerschaftliche Programme für neuartige Gesundheitslösungen, für die Entwicklung von Arpraziquantel – einer neuen Behandlungsmöglichkeit für Kinder unter sechs Jahren – sowie für neue, sensiblere Diagnostik. Um lokale Forschungskompetenzen und -kapazitäten auszubauen, arbeiten wir außerdem mit Instituten in betroffenen Ländern zusammen.
- Verhaltensänderungen: Durch Vorbeugung können wir am meisten erreichen – davon sind wir überzeugt. Deshalb investieren wir in Projekte, die Verhaltensänderungen anstoßen. So schaffen wir Bewusstsein für die Ursachen und Risiken von Bilharziose und informieren über vorbeugende Maßnahmen. Bilharziose wird über verunreinigtes Wasser verbreitet, weshalb wir auch WASH-Projekte (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) unterstützen. Dabei soll die Krankheitsübertragung mithilfe von funktionierender Sanitärinfrastruktur und Zugang zu sauberem Wasser gestoppt werden.
- Interessenvertretung und Partnerschaften: Im Kampf gegen Bilharziose wollen wir noch schneller vorankommen. Deshalb kooperieren wir mit Partnerorganisationen: Wir tauschen uns mit vielen Interessengruppen aus – beispielsweise mit der Global Schistosomiasis Alliance (GSA).
Malaria vorbeugen und bekämpfen – mit dem Ziel der Ausrottung
Schätzungen der WHO zufolge ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung von Malaria bedroht. In ihrem aktuellen Jahresbericht sind mehr als 240 Millionen Malariafälle und über 600.000 Todesfälle im Zusammenhang mit Malaria erfasst. Etwa 80 % der Todesfälle betreffen Kinder unter fünf Jahren. Derzeit ereignen sich 95 % der Fälle und der Todesfälle in Afrika.
Es wird immer dringlicher, das Problem der zunehmenden Arzneimittelresistenz zu lösen. Auch braucht es zusätzliche Präventionsmaßnahmen, um die Ausrottung zu erzielen. Durch unser Programm As One against Malaria entwickeln wir integrierte Gesundheitslösungen: Wir helfen, sie für den Kampf gegen diese tödliche Krankheit bereitzustellen.
Rollen und Verantwortlichkeiten
Unsere Einheit Global Health verantwortet weltweite Gesundheitsinitiativen, -programme und -förderprojekte. Unsere Fachleute arbeiten eng mit verschiedenen Unternehmensbereichen zusammen, um unternehmensinterne Stärken und Kompetenzen zu nutzen. Unser Global-Health-Team kooperiert ebenfalls mit zahlreichen internationalen und lokalen Partnern.
Unsere Einheit Health Equity (vormals Access to Health) arbeitet daran, eine höhere Reichweite unseres Gesundheitsportfolios in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen zu erzielen. Dabei nutzt sie sowohl einen strategischen Ansatz als auch Shared-Value-Initiativen, die sie gemeinsam sowohl mit unseren konzernweiten Teams als auch mit den Länderteams umsetzt.
In enger Zusammenarbeit mit externen Partnerorganisationen (wie der WHO) bringen wir durch unser Schistosomiasis Elimination Program Initiativen auf den Weg; diese sollen zur Ausrottung der Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit bis 2030 beitragen.
Unser Global Health Institute fördert Innovationen, um weltweite Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu bewältigen: Es nutzt Wissenschaft, Technologie und digitale Ansätze, um transformative, integrierte Gesundheitslösungen im Kampf gegen Bilharziose und Malaria zu entwickeln (beispielsweise Therapien, Diagnoseverfahren, Technologien und Präventionsmaßnahmen).
Wozu wir uns verpflichten: Grundlagen für den Zugang zu Gesundheitsversorgung schaffen
Unsere Selbstverpflichtung zur Ausweitung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung fasst unsere Charter on Access to Health in Developing Countries zusammen.
Alle zwei Jahre veröffentlicht die Access to Medicine Foundation den Access to Medicine Index – ein Ranking der 20 führenden forschenden Pharmaunternehmen der Welt. Für das Ranking bewertet die Stiftung die Aktivitäten und Maßnahmen der Unternehmen, die Fachleuten zufolge für den Zugang zu medizinischer Versorgung in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen am wichtigsten sind. Wir nutzen die Ranking-Ergebnisse als Informationsquelle, um unsere Strategie zu verfeinern.
Zuletzt wurde der Index im November 2022 veröffentlicht. Wir erreichten den fünften Platz und schnitten damit besser ab als beim letzten Ranking, bei dem wir den achten Platz belegten. Unsere Platzierung ist in erster Linie auf unser gutes Ergebnis in drei Bereichen zurückzuführen: Forschung und Entwicklung, geistiges Eigentum und Aufbau von Fähigkeiten.
Nachhaltiger Zugang zu Arzneimitteln in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen
Wir wenden verschiedene Modelle für den Zugang zu Gesundheit an, zu denen auch Spenden (beispielsweise Praziquantel) zählen. Außerdem loten wir gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen neue Beschaffungsmodelle für einen gerechten und nachhaltigen Zugang zu etablierten Behandlungen sowie Innovationen auf dem Gebiet vernachlässigter Tropenkrankheiten aus.
Wir wollen stark belastenden, nicht übertragbaren Krankheiten vorbeugen und sie bekämpfen. Dafür investieren wir in Projekte für einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung. Sie helfen, Lücken in den Gesundheitssystemen in den betroffenen Ländern zu schließen. Wir verfolgen einen partnerschaftlichen Ansatz, damit wir in diesem komplexen und anspruchsvollen Umfeld eine möglichst große Wirkung erzielen.
Dieser Ansatz umfasst das Shared-Value-Programm: Es unterstützt unsere Teams in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen dabei, Initiativen umzusetzen. Diese sollen bei medizinischem Fachpersonal Fähigkeiten und Qualifizierung stärken, um Zugangsbarrieren im Gesundheitssystem abzubauen. Beispielsweise schärfte ein Team in Argentinien durch verschiedene Aktivitäten das Bewusstsein bei medizinischen Fachkräften, wie wichtig die Früherkennung und Behandlung von Wachstumshormonmangel bei Kindern ist, und schulte sie entsprechend. Dabei adressierte es 300 pädiatrische Fachkräfte in ländlichen Gebieten des Landes. Bis Ende 2023 erreichten wir mit unseren Shared-Value-Initiativen etwa 54 Millionen Menschen über Screening- und Awareness-Kampagnen und qualifizierten etwa 20.000 medizinische Fachkräfte.
Auch unsere Kooperationen in afrikanischen Staaten, in denen wir verlässliche Lieferketten aufbauen möchten, sind für eine sichere, effektive und kontinuierliche Gesundheitsversorgung entscheidend. In unserem Programm Access Mentorship vermitteln Freiwillige aus unserer Organisation Global Supply Network ihr Wissen an afrikanische Vertriebspartnerunternehmen. Dies verdeutlicht unser Engagement für verbesserte Lieferkettenabläufe und einen leichteren Zugang zu Gesundheitsversorgung.
2023 führte ein Startup-Wettbewerb zu Kooperationen in Indonesien und auf den Philippinen. Ziel ist es, lokale Gesundheitssysteme bei Initiativen zu nicht übertragbaren Krankheiten (wie Schilddrüsenerkrankungen) zu unterstützen und die Zugangsmöglichkeiten zu verbessern.
Wir verbesserten unser Bewertungstool, um nachverfolgen zu können, wie sich unsere Programme auf entsprechende Patientengruppen sowie Gesundheitsanbieter und -systeme auswirken. Das Tool dient dazu, unsere Fortschritte im Zeitablauf zu überwachen und Empfehlungen aus dem Access Medicine Index weiterhin in unsere Strategie einfließen zu lassen.
Ausrottung der Bilharziose: vier Säulen
Wir wollen zur Ausrottung der Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit beitragen und verfolgen dafür einen integrierten Ansatz. Er beruht auf vier Säulen: Behandlung, Forschung und Entwicklung, Verhaltensänderungen sowie Interessenvertretung und Partnerschaften.
Behandlung
Seit vielen Jahren arbeiten wir mit der WHO zusammen. Innerhalb dieser Partnerschaft verpflichteten wir uns dazu, jedes Jahr bis zu 250 Millionen Praziquantel-Tabletten zu produzieren und zu liefern. Diese Spende ist ein wichtiger Bestandteil unseres integrierten und koordinierten Ansatzes zur Behandlung und Ausrottung der Bilharziose als Problem der öffentlichen Gesundheit. Seit 2007 haben wir zur Bekämpfung dieser Erkrankung etwa 2 Milliarden Tabletten an die WHO gespendet. Sie wurden in 47 betroffenen afrikanischen Ländern verteilt – hauptsächlich zur Behandlung von Schulkindern. 2023 spendeten wir mehr als 210 Millionen Tabletten für 37 Länder – davon 29 in Subsahara-Afrika.
Länder, an die Praziquantel-Tabletten gespendet wurden
Um Lieferketten transparenter zu machen, setzen wir das digitale Tool NTDeliver im Lieferkettenmanagement von Medikamenten gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten wie Praziquantel ein. Gemeinsam mit verschiedenen Partnerorganisationen arbeiten wir daran, dass die Medikamente so effizient und schnellstmöglich vom Produktionsstandort an die nationalen Lagerzentren und von dort an die Ausgabestellen versendet werden. In Kenia kommt ein maßgeschneidertes Nachverfolgungssystem für die letzte Meile zum Einsatz, das bis zur Verteilebene Echtzeitangaben zur Zahl der vergebenen und vorrätigen Tabletten erfasst. 2023 führten wir dieses digitale System in 13 Bezirken in Kenia ein.
Forschung und Entwicklung
In Zusammenarbeit mit dem Pediatric Praziquantel Consortium entwickelten wir Arpraziquantel als neue Behandlungsmöglichkeit für an Bilharziose erkrankte Kinder im Alter von drei Monaten bis sechs Jahren. Im Dezember 2023 gab der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) eine positive wissenschaftliche Stellungnahme zu Arpraziquantel ab. Die EMA beurteilte Arpraziquantel im sogenannten EU-M4all-Verfahren für Arzneimittel mit hoher Priorität, die für Märkte außerhalb der Europäischen Union (EU) vorgesehen sind. Dieses positive Ergebnis vereinfacht eine Aufnahme von Arpraziquantel in die Liste der präqualifizierten Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Darüber hinaus wird die Präqualifizierung dabei helfen, den Zulassungsprozess in afrikanischen Ländern zu fördern. In Brasilien bereitet Farmanguinhos, Konsortiumpartner und staatliches pharmazeutisches Labor der Fiocruz Foundation, die Einreichung bei den Zulassungsbehörden vor. Parallel dazu läuft derzeit innerhalb des Konsortiums das Forschungsprogramm ADOPT, das den Weg für die Einführung von Arpraziquantel in endemischen Gebieten ebnet. Um einen gleichberechtigten und nachhaltigen Zugang zu ermöglichen, werden gemeinsam neue Mechanismen für Beschaffung und Finanzierung erforscht. Das Arzneimittel soll zum Selbstkostenpreis verfügbar sein.
Auch in der Forschung arbeiteten wir weiter an der Entwicklung einer neuen Generation des Arzneimittels: Wir führten präklinische Tests mit einem vielversprechenden Kandidaten zur Vorbeugung und Behandlung von Bilharziose durch.
Um die Wirkstoffforschung und -entwicklung voranzutreiben, führten wir innovative Ansätze auf Basis künstlicher Intelligenz sowie epidemiologische Modellierungsverfahren ein. Außerdem befinden wir uns in der Entwicklung neuer Technologien, um Bilharziose zu diagnostizieren, einschließlich der genitalen Bilharziose bei Frauen.
Weiterhin sind Diagnoseverfahren mit höherer Sensibilität dringend erforderlich, um Bilharziosefälle in weniger betroffenen Gebieten zu identifizieren. Dies ist die Grundlage für eine effektive Behandlung und Überwachung, während zeitgleich Tools entwickelt werden, um die Krankheit auszurotten. Daher setzten wir unsere Zusammenarbeit mit der Foundation for Innovative New Diagnostics (FIND) und einem Partnerkonsortium fort. Ziel ist es, einen sensiblen, schnellen Diagnosetest zu entwickeln, mit dessen Hilfe die Bilharziose-Verbreitung besser dokumentiert und Fälle zuverlässig erkannt werden können.
Mit unseren F&E-Programmen investieren wir in Wissenschafts-, Bildungs- und Schulungsprojekte, um Fachkenntnis und Fähigkeiten in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen auszubauen. Weitere Informationen finden Sie im Kapitel Gesundheitswesen und -bewusstsein stärken.
Verhaltensänderungen
Wir führen mit der NALA (Neglected Tropical Disease Advocacy, Learning, Action) Foundation ein Projekt zur gesundheitlichen Aufklärung durch, das schwerpunktmäßig im Südwesten Äthiopiens angesiedelt ist. Es beinhaltet unter anderem WASH-Aktivitäten und soll erreichen, dass Menschen ihr Verhalten langfristig ändern. Das Projekt setzt direkt vor Ort in den Gemeinden an und trägt so zur Ausrottung von Bilharziose und anderen vernachlässigten Tropenkrankheiten bei. 2023 lag der Schwerpunkt auf der Projektübergabe an die lokale Regierung. Dabei sollte sichergestellt werden, dass die Regierung die Initiativen des Programms zur Krankheitsprävention in die eigenen Prozesse und Aktivitäten einbinden kann, um damit langfristige und größere Erfolge zu erzielen. Eine operative Forschung verglich zwei Bezirke: Es wurde evaluiert, wie wirksam die medikamentöse Massenbehandlung in Kombination mit Verhaltensänderungen im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Massenbehandlung ist. Die Ergebnisse zeigten im Interventionsbezirk einen größeren Rückgang bei der Bilharziose-Verbreitung. Dies spricht stark für eine positive Korrelation zwischen integrierten Maßnahmen und veränderten Verhaltensweisen in diesen Gemeinden.
Für einen optimierten Zugang zu sauberem Wasser starteten wir 2023 in Ghana ein Kooperationsprogramm mit World Vision. Damit wollen wir bessere WASH-Voraussetzungen in den Gemeinden erreichen, um Infektionskrankheiten wie Bilharziose zu bekämpfen. Diese Initiative ermöglichte eine bessere Wasserversorgung in den entsprechenden Haushalten, Gesundheitseinrichtungen und Schulen und erreichte über 22.000 Menschen. 2023 verzeichneten die beteiligten Gemeinden in Ghana einen signifikanten Rückgang (65 – 78 %) bei der Fallzahl von Krankheiten, die durch Wasser übertragen werden, einschließlich Bilharziose.
Weitere Informationen finden Sie im Kapitel Gesundheitswesen und -bewusstsein stärken.
Interessenvertretung und Partnerschaften
Zusammen mit internationalen und lokalen Partnern arbeiten wir daran, Bilharziose unter Kontrolle zu bringen und auszurotten. Ein Beispiel für eine solche Zusammenarbeit ist die Global Schistosomiasis Alliance (GSA), ein sektorübergreifendes Bündnis, das sich dem Kampf gegen diese komplexe Erkrankung verschrieben hat. In den letzten Jahren gewann die GSA als eine zentrale Plattform für das Thema Bilharziose immer mehr an Bedeutung. 2023 organisierte die GSA mehrere Treffen, unter anderem eine ganztägige Stakeholder-Veranstaltung, um jüngste Erfolge im Kampf gegen die chronische Erkrankung zu würdigen.
Malaria: Behandlung und Prävention
Entwicklung therapeutischer Lösungen
Innerhalb unseres Programms As One Against Malaria entwickeln wir ein neues Arzneimittel namens Cabamiquine. Es könnte sich in der Vorbeugung und Behandlung von Malaria als vielversprechend erweisen, da es in verschiedenen Phasen des Lebenszyklus des krankheitsauslösenden Parasiten ansetzt. Das Arzneimittel hat zwei klinische Phase-I-Studien als Einzelwirkstoff zur Behandlung und Vorbeugung erfolgreich durchlaufen. Die Ergebnisse veröffentlichten wir in Fachzeitschriften mit Peer-Review-Verfahren. 2023 brachten wir das Programm in die klinische Phase II – mit der Durchführung von zwei Kombinationsstudien mit Cabamiquine zur Behandlung und Vorbeugung. Das klinische Entwicklungsprogramm wurde durch präklinische Forschung und neue Technologien unterstützt; dazu gehört etwa eine neue kulturbasierte 3D-Plattform der Leber, auf der die Aktivität des Wirkstoffkandidaten untersucht wird.
Im Laufe des Jahres 2023 kristallisierte sich auf unserer Plattform für die Wirkstoffforschung in der präklinischen Entwicklung ein weiterer vielversprechender Kandidat im Kampf gegen Malaria heraus.
Übertragung von Malaria verhindern und kontrollieren
Zu unserer Strategie im Kampf gegen die Malaria gehören Methoden, die die Übertragung der Krankheit verhindern sollen – beispielsweise Insektenschutzmittel. Derzeit testen wir unseren Wirkstoff IR3535® auf den möglichen Einsatz gegen Malaria. IR3535® ist bereits in Insektenschutzmitteln enthalten und dient dem Schutz vor Insektenstichen und Zeckenbissen, bei denen Krankheiten wie die Lyme-Borreliose, Zika, das Dengue-Fieber und das Chikungunya-Fieber übertragen werden können.
Labortests in Ghana prüften die Wirksamkeit einer neuen Formulierung von IR3535®, die einen länger anhaltenden Schutz bieten soll. Aufgrund positiver Ergebnisse wurde ein weiterer Feldtest durchgeführt, um die Wirksamkeit des Wirkstoffs unter realen Bedingungen zu ermitteln. Die Studie deutete auf eine langfristige Wirksamkeit und den Schutz gegen Stiche der Anopheles-Mücke in Malariagebieten hin.
Gemeinsam mit Institutionen auf dem afrikanischen Kontinent gründeten wir PAVON, das Pan-African Vivax and Ovale Network. Hierbei handelt es sich um ein Netzwerk von Exzellenzzentren. Dieses unterstützt die Ausrottung von Malaria über die Epidemiologie der Parasiten P. Vivax und P. Ovale sowie den Aufbau von Fachwissen in Afrika. In mehr als zehn afrikanischen Ländern aktiv, gestaltet PAVON politische Entscheidungen mit, beschleunigt die Entwicklung sowie Übernahme neuer Therapeutika und bietet Schulungen für afrikanische Forschende an.
Stakeholder-Dialoge
Partnerschaften und Dialoge sind entscheidende Instrumente, um die weltweiten Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu bewältigen und den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu verbessern. Zu unseren Partnern zählen multinationale Organisationen, staatliche Behörden und Nichtregierungsorganisationen – außerdem akademische Einrichtungen, Fachverbände des Gesundheitswesens, Unternehmen und unabhängige Gesundheitsfachleute auf der ganzen Welt.
Auch 2023 tauschten wir uns mit unseren Partnerorganisationen und den wichtigsten Stakeholdern aus, etwa mit der WHO. Bei den Gesprächen ging es darum, Debatten über die weltweite Gesundheit voranzutreiben und gemeinsame Herausforderungen anzugehen. Zu unseren weiteren Kooperationspartnern zählen der END Fund und die DNDi sowie Hochschulen in afrikanischen Ländern. Wir beteiligen uns an Partnerkonsortien, etwa dem Pediatric Praziquantel Consortium, und an Allianzen wie der Swiss Alliance for Neglected Tropical Diseases; daneben engagieren wir uns gemeinsam mit Interessengruppen wie Uniting to Combat NTDs und der GSA. Außerdem tauschen wir uns eng mit Stiftungen aus. Hierzu zählen die Bill & Melinda Gates Foundation und die Access to Medicine Foundation, die wissenschaftliche Forschung und den Zugang zur Gesundheitsversorgung fördern. Auch mit geldgebenden Institutionen haben wir uns zusammengeschlossen, beispielsweise mit dem Global Health Innovative Technology Fund (GHIT) und der European and Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP).
Darüber hinaus vertiefen wir unsere Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Fachkreisen des Gesundheitswesens weltweit – durch Publikationen, durch den Austausch von Patenten und indem wir eine aktive Rolle bei internationalen Veranstaltungen übernehmen. Mehrmals präsentierten wir den Fortschritt des Programms des Pediatric Praziquantel Consortium, das von uns geleitet wird – unter anderem bei dem Global NTDs Meeting (in Vorbereitung auf den G7-Gipfel), dem EDCTP Forum und der SACRA Conference. Zudem beteiligten wir uns 2023 an Sitzungen des Annual NTD NGO Network und der Coalition for Operational Research on Neglected Tropical Diseases (COR-NTD), um gegen die Verbreitung falscher Informationen über vernachlässigte Tropenkrankheiten vorzugehen.